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Wäre ein Ehrenprimat des römischen Pontifex ein echter ökumenischer Fortschritt?

Aktualisiert: 16. Okt.

Die von der röm.-kath. Kirche getrennten Kirchen und kirchl. Gemeinschaften senden Signale, dass für sie ein Ehrenprimat des römischen Papstes als gemeinsames Sprachrohr der Christen und als Moderator von Zusammenkünften mit gemeinsamen Anliegen, denkbar wäre.

Letztere müssten natürlich alle zuerst synodal verhandelt und entschieden werden. Sonst stünden dann doch nicht alle hinter dem, was der Papst in ihrem Namen sagt. Allein das ist bereits eine steile Vorlage. Mehr liegt aber nicht drin, wie sich abzeichnet, als dieser kleinste gemeinsame Nenner: ein Ehrenprimat! Aber ist das wirklich etwas Neues? Aus meiner Sicht: Nein. Was hier als mögliche ökumenische Errungenschaft vorgestellt wird und auf die Anerkennung durch die getrennten Christen wartet, ist schlicht und einfach bereits der Fall, ob es einem gefällt oder nicht. Aufgrund seiner historisch gewachsenen Autorität und Stellung kann niemand verhindern, dass der Papst wie kein anderer für das Christentum steht und sich auf der Weltbühne entsprechend und anerkanntermassen bewegt. Auch kann er jederzeit Vorsteher anderer Kirchen und kirchl. Gemeinschaften nach Rom einladen, um mit ihnen eine Agenda zu diskutieren, die für alle Beteiligten relevant ist, wenn er oder sie das wollen. Also nichts Neues. Nun signalisieren die von ihm getrennten Christen: Ein Ehrenprimat wäre für uns denkbar. Darin mögen viele einen Fortschritt erkennen, falls es einmal aus ihrer Sicht dazu kommen wird. Bei genauerem Hinsehen hätte sich wenig bis nichts bewegt. Die vom Papst getrennten Christen betrachten nämlich ihren Status als legitim und authentisch. Deshalb wollen sie bei ihrem Glauben und bei ihren Strukturen bleiben und nicht in den Schoss der röm.-kath. Kirche zurückkehren unter der Jurisdiktion des Papstes, der von Petrus die Schlüsselgewalt geerbt hat , und von dem sie sich aus unterschiedlichen Motiven zu einem geschichtlichen Zeitpunkt abgespalten haben. Eine Rückkehr in diesem Sinne kommt also erklärtermassen nicht in Frage.  Das bedeutet, dass die in Aussicht gestellte Erklärung eines allseits akzeptierten Ehrenprimates das Ärgernis der Spaltung retouchieren - und die Berechtigung verschiedener «Christentümer». um es etwas salopp zu formulieren, zementieren würde. Man hätte einen gemeinsam anerkannten Modus vivendi etabliert, der aber nicht der vollen Einheit mit der röm.-kath. Kirche entspricht, die zweifellos das Ziel der Wiederherstellung von allem, nämlich der unteilbaren Einheit, ist. Eine real nicht existierende Einheit wäre damit geklittert und nolens volens legitimiert. Das kommt einem Narkotikum für den echten Schmerz über die Kirchenspaltung gleich und dem Bekenntnis, keine historischen Fehler gemacht zu haben, die zur Spaltung geführt haben. Und genau das ist das Gefährliche daran. Die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche, die Christus auf Petrus, dem Felsen, gegründet hat, ist jedenfalls etwas anderes als diese Art von «communio ecclesiarum». Sie ist in der röm.-kath. Kirche vollumfänglich verwirklicht. Der Papst kann von dieser Maximalforderung nicht abrücken oder sich mit weniger begnügen, weil sie aus katholischer Sicht eine unfehlbare Wahrheit und Wirklichkeit ist. Die Schlüsselgewalt bedeutet eben die volle Jurisdiktionsgewalt über das Haus. Wie ihre Einheit muss die Kirche sichtbar sein. Das ist sie durch die Einheit im apostolischen, sakramentalen Amt.

 

Kurz: Mit einem allgemeinen akzeptierten Ehrenprimat wäre sozusagen und realistischerweise das ökumenisch Erreichbare erreicht. Mehr (die Maximalforderung) liegt nicht drin. Das haben die bisherigen Konsensgespräche bereits erwiesen. Ist es das, was Christus gewollt hat und immer noch will, als er seine Kirche auf Petrus, dem Felsen, baute? Der Glaube der Kirche lehrt mich: Nein, ist es nicht! Wir erinnern uns an den ersten Korintherbrief des Hl. Paulus. Es gibt nur einen Leib Christi, und dieser ist sichtbar und nicht zerteilt: ein Leib, eine Taufe, eine Eucharistie, ein Glaube. Sichtbar wird er in der Einheit mit Petrus, der Paulus dessen eigene Sendung und Verkündigung bestätigt hat. Deshalb ging Paulus nach Jerusalem und hielt sich 14 Tage bei Petrus auf: Um sicher zu sein, dass er (ohne die Beglaubigung durch Petrus) mit seinem Evangelium nicht ins Leere läuft. Und Petrus hat ihn bestätigt und zu den Heiden gesandt.

 

Aufgrund von allem Gesagten, glaube ich nicht an eine schrittweise Rückkehr zur vollen Einheit mit Vorstufen. Als eine solche Vorstufe könnte der angepeilte Ehrenprimat gesehen werden nach dem Motto: Besser als nichts. Meiner Meinung nach würde das dazu führen, die volle Einheit unter der Jurisdiktion des Papstes überhaupt nicht mehr anzustreben und sich mit dem Ehrenprimat zu begnügen. Die von uns getrennten Christen sehen es jedenfalls so. Zu mehr sind sie nicht bereit. Das Wort «Rückkehrökumene» darf nicht einmal mehr in den Mund genommen werden. Sie gilt als obsolet.

 

Im krassen Gegensatz dazu weisen uns die Konvertiten den richtigen Weg. Sie sind die wahren Ökumeniker. Sie wissen auch, wovon sie reden, und warum sie konvertieren. Das darf nicht ausgeklammert werden. Auf sie sollte man hören. Manche haben für ihre Konversion ein Martyrium auf sich genommen. Warum? Weil sie in ihrem Gewissen von der Wahrheit geleitet wurden, nicht von einem ausgehandelten kleinsten gemeinsamen Nenner. Wie gesagt widerspricht dieser der (ganzen bzw. vollen) Wahrheit des Petrusamtes und dem Willen Jesu, der Petrus diese Vollmacht gegeben und feierlich übertragen hat. Ohne diese Vollmacht bleibt das Petrusamt, wie bereits Johannes Paul II. am 25. Mai 1995 in seiner Enzyklika über den Einsatz für die Ökumene «Ut unum sint» (Nr. 94) ausdrücklich (s. w. unten in fetter und kursiver Schrift) festgehalten hat, eine Illusion. Wir sollten aber nicht Illusionen erzeugen, wo wir von Einheit reden. Zur Erinnerung und im Hinblick auf seine bleibende Bedeutung zitiere ich hier den entsprechenden Passus in seiner vollen Länge:


«94. Dieser im Werk der göttlichen Barmherzigkeit verwurzelte Dienst an der Einheit wird innerhalb des Bischofskollegiums einem von denen anvertraut, die vom Heiligen Geist den Auftrag erhalten haben, nicht die Macht über das Volk auszuüben — wie das die Führer der Nationen und die Mächtigen tun (vgl. Mt 20, 25; Mk 10, 42) —, sondern es zu leiten, damit es sich ruhigen Weiden zuwenden kann. Diese Aufgabe kann die Hingabe des eigenen Lebens erfordern (vgl. Joh 10, 11-18). Nachdem der hl. Augustinus dargelegt hat, daß Christus »der einzige Hirte (ist), in dessen Einheit alle eins sind«, fordert er auf, »daß daher alle Hirten eins sein sollen in dem einzigen Hirten, daß sie die einzige Stimme des Hirten hören lassen sollen; daß die Schafe diese Stimme hören, ihrem Hirten, das heißt nicht diesem oder jenem, sondern dem einen, folgen sollen; daß alle in ihm eine einzige Stimme und nicht widersprechende Stimmen vernehmen lassen sollen 5; die Stimme macht frei von jeder Spaltung, reinigt von jeder Irrlehre, die die Schafe hören«. 151 Der Auftrag des Bischofs von Rom in der Gruppe aller Bischöfe besteht eben darin, wie ein Wächter zu »wachen« (episkopein), so daß dank der Hirten in allen Teilkirchen die wirkliche Stimme des Hirten Christus zu hören ist. Auf diese Weise verwirklicht sich in jeder der ihnen anvertrauten Teilkirchen die una, sancta, catholica et apostolica Ecclesia. Alle Kirchen befinden sich in voller und sichtbarer Gemeinschaft, weil alle Hirten in Gemeinschaft mit Petrus und so in der Einheit Christi sind. Mit der Vollmacht und Autorität, ohne die dieses Amt illusorisch wäre, muß der Bischof von Rom die Gemeinschaft aller Kirchen gewährleisten. Dadurch ist er der Erste unter den Dienern an der Einheit. Dieser Primat wird auf verschiedenen Ebenen ausgeübt; sie betreffen die wachsame Aufsicht über die Weitergabe des Wortes, über die Feier der Sakramente und der Liturgie, über die Mission, über die Disziplin und über das christliche Leben. Dem Nachfolger des Petrus obliegt es, an die Forderungen des Gemeinwohls der Kirche zu erinnern, falls jemand versucht wäre, dies zugunsten eigener Interessen zu vergessen. Er hat die Pflicht hinzuweisen, zu warnen und manchmal diese oder jene Meinung, die verbreitet wird, für unvereinbar mit der Einheit des Glaubens zu erklären. Wenn es die Umstände erfordern, spricht er im Namen aller Hirten, die mit ihm in Gemeinschaft stehen. Er kann auch — unter ganz bestimmten, vom I. Vatikanischen Konzil klargestellten Bedingungen — ex cathedra erklären, daß eine Lehre zum Glaubensgut gehört. 152 Durch dieses Zeugnis der Wahrheit dient er der Einheit.»






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